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Show you are not afraid

Show you are not afraid

“Es gibt kein richtiges Leben im falschen.” – Theodor W. Adorno

Mit dem Ausruf »Show you are not afraid, go shopping!« forderte der New Yorker Bürgermeister Rudolph W. Giuliani einen Tag nach den Anschlägen vom 11. September 2001 die Bevölkerung von NYC auf, Konsum als politischen Protestakt und Form der Re-etablierung von „Normalität“ zu verstehen. Dieser Ausspruch ist Ausgangspunkt für das minimalistische Plakat von Mikael Mikael. Dieses wird von ihm in mit gesellschaftlichen Konflikten verbundene räumliche Kontexte gebracht und dort fotografisch dokumentiert, ist aber auch zur Aneignung durch andere freigegeben. Konsum als Antwort auf religiösen Extremismus – diese Idee ist so typisch für die westlichen Gesellschaften, dass Mikael Mikael darin einen gewissen konzeptuellen Reiz sah. Er beschränkte die Parole auf den ersten  Satz und öffnete sie dadurch für andere Bedeutungen. ”

“Mikael parodiert die Vermarktung von Subkulturen und erzeugt eine glänzende Leere.”  – Art – Das Kunstmagazin

Revolution beginnt mit Information

…aus dem RLF Resistance Ticker.

SHOW YOU ARE NOT AFRAID.
5 Bullet Points zur Kritik am totalen Kapitalismus

1. KÄMPFE GEGEN DICH SELBST.

Der heutige Kapitalismus ist total. Er ist umfassend und allgegenwärtig. Er hat Besitz von unserem Denken und Fühlen ergriffen. Wir haben die Logik des Systems internalisiert. Die Art, wie wir unser Leben gestalten, wie wir unsere zwischenmenschlichen Beziehungen führen und unsere eigene Zukunft erträumen, ist geprägt von der Logik der Akkumulation, der Profitmaximierung und des Wachstums. Wir leiden am Stockholm-Syndrom, haben gelernt zu lieben, was uns zerstört. Wir sind nicht nur Teil des globalen kapitalistischen Systems, sondern der Kapitalismus ist Teil von uns. Ihn zu bekämpfen heißt auch, ein Teil von uns selbst zu bekämpfen: einen Teil unserer Identität, unseres Denkens, unserer Begierden. Kampf gegen den Kapitalismus ist Kampf gegen sich selbst.
Kämpfe gegen dich selbst.

2. NUTZE DAS SYSTEM.

Der gegenwärtige Kapitalismus kennt kein Außen. Er erkennt keine Alternative an. Kritik am gegenwärtigen Kapitalismus kann nicht vom gesicherten Standpunkt eines vermeintlichen Außen aus operieren. Sie operiert von einem Standpunkt innerhalb des Systems. Die Kritik ist nicht unabhängig, sondern teilnehmend. Alle bisherige Kritik am Kapitalismus wurde von selbigem vereinnahmt und als Innovationsmotor missbraucht. Wenn Kritik nicht der Weiterentwicklung und Verfeinerung des Kapitalismus dienen will, muss sie sich die Mittel, Instrumente, Methoden des zu kritisierenden Gegenstandes aneignen. Die Kritik muss aus dem System selbst heraus erfolgen.
Nutze das System. Stülpe die eigenen Internalisierungen nach außen. Infiltriere die Medien, instrumentalisiere ihre Multiplikatoren-Macht. Missbrauche die Logik von Marketing und die Ästhetik der Oberflächen, um neue, gegenläufige Begierden zu schaffen. Affirmation als kritische Strategie. Gründe kapitalistische Unternehmen, Aktiengesellschaften, um Kritik zu vermarkten. Agiere als Doppelagent. Verkaufe die falschen Ideale. Mache Gewinn. Spekuliere und erhöhe so den Gewinn. Offenbare die Perversionen des Kapitalismus, in dem du sie selber generierst. Züchte die Gier, an der das Monster erstickt.

3. SCHAFFE FREIRÄUME ZWISCHEN REALITÄT UND FIKTION.

Der westliche Kapitalismus brüstet sich gerne mit der Freiheit, die er angeblich gewährt. Die Kunst als Raum des anderen Denkens ist dabei Aushängeschild. Hier darf alles gedacht, behauptet, getan werden. Ihr wird die Aufgabe zugewiesen, Lebenswelt zu ästhetisieren und gleichzeitig Gesellschaft zu kritisieren. Kunst ist der Raum der Realität werdenden Fiktion, in der alle Möglichkeiten gedacht und zumindest symbolisch erprobt werden dürfen. Gleichzeitig ist kein anderer sozialer Raum derart ökonomisiert und den unerbittlichen Gesetzen des Markts unterworfen wie der der Kunst. Dieses Spannungsfeld eröffnet Freiräume.
Nutze Kunst als Tarnkappe. Nutze Kunst als Legitimation. Arbeite mit Paradoxien. Denke schwarz-weiß. Biete Mehrdeutigkeit an, um die algorithmischer Erfassung zu entziehen. Elaboriere die Irritation. Verweigere dich der Zweckrationalität der Moderne. Handele widersprüchlich. Erfinde Geschichten und Identitäten. Lasse die Fiktion Wirklichkeit werden und Fiktionalisiere die Realität. Denn in der Kunst darf man leben, was sonst verboten ist. Nutze die Freiräume, die zwischen Realität und Fiktion entstehen.

4. INTERVENIERE IN DEINE WIRKLICHKEIT

Die Omnipotenz der Globalität, ihrer Korporationen und ihre ökonomische Macht lassen den Einzelnen und sein Handeln als ohnmächtig erscheinen. Gleichzeitig führt der geforderte Individualismus zu einer weiteren Vereinzelung, die uns selbst als noch ohnmächtiger erleben lässt. Nur Superman kann etwas ändern, nicht aber ich. Dieses Gefühl der Ohnmacht ist Teil des Herrschaftsmechanismus der Gegenwart.
Widersetze dich den Hilflosigkeitssuggestionen. Verändere deine Wirklichkeit. Warte nicht auf den großen Moment, die große Lösung, die letzte Wahrheit. Wechsele in den Modus der permanenten Intervention. Interveniere in dein Umfeld. Du wirst Mitkämpfer_innen finden. Denn keiner ist in einem System glücklich, dass sich selbst kannibalisiert. Protest und Widerstand kann nur global werden, wenn er gleichzeitig an jedem Ort der Welt lokal existiert. Hacke die Quellcodes in deinem Aktionsfeld. Werde ein Schmuggler, der die Ideen des Anderen, den Geist des Widerstandes, in Orte bringt, an denen niemand sie erwartet. Werde ein radikaler Opportunist, ein Doppelagent. Organisiere eine unsichtbare Zelle, die im richtigen Moment erwacht.

5. ES GIBT KEIN RICHTIGES LEBEN IM FALSCHEN.

Kampf gegen den Kapitalismus ist Kampf gegen sich selbst. Kampf gegen sich selbst ist aber auch Grundforderung des Kapitalismus. Denn um die Wachstumsspirale aufrecht zu erhalten, indoktriniert uns das System mit Unzufriedenheit. Ich bin nicht gut genug. Ich kann es besser. Just Do it. Ich muss mich optimieren. Nicht nur Konkurrenz gegen alle anderen, sondern auch Konkurrenz zu mir selbst. Werde, wer du sein sollst. Identität als Markenbotschaft, Individualität als Wettbewerbsvorteil. Gegen sich selbst zu kämpfen, ist nicht nur Voraussetzung für die Überwindung des Kapitalismus in uns, sondern auch Mantra des Kapitalismus selbst. Das richtige Leben des Kapitalismus ist die Summe der uneinlösbaren Versprechen der Werbung. Der Traum vom richtigen Leben pflanzt in uns ein Bild der Unzulänglichkeit ein. Denn der Traum vom richtigen Leben ist Teil des Unterdrückungsapparates. Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
Verweigere dich der Optimierung, aber gib nicht auf bei Niederlagen. Kämpfe gegen das Falsche.

 

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